Copywriterin
· März 2024
· aktualisiert Juli 2024
Wer mehr internationale Partner:innen einbezieht, hat mehr Potenzial für Erfolg, aber auch mehr Potenzial für Missverständnisse und Konflikte. Laut einer Umfrage von Harvard Business Review gaben 89 % aller Dienstleister:innen an, zumindest gelegentlich mit internationalen Kollegen:innen zusammenzuarbeiten. Tendenz wahrscheinlich steigend. Die interkulturelle Kommunikation ist für Unternehmen mit internationalem Background wichtig und sollte daher gut beherrscht werden, bevor es zu Missverständnissen und Problemen kommt.
Interkulturelle Kommunikation ist die Interaktion von Menschen oder Gruppen in interkulturellen Situationen. In der Praxis sieht Kommunikation in Unternehmen verschiedener Kulturen so aus: Die Amis schieben vor Kritik immer gefühlt 100 positive Eigenschaften, während Deutsche und Französ:innen das alles überspringen und direkt zum Punkt kommen. Gemeinsames Brainstorming wird in den Niederlanden sehr geschätzt, aber in Russland wird von einem Teamlead eher ein klares Kommando erwartet.
Was können wir also tun, um als Mitarbeitende und Unternehmen unsere Kommunikationskompetenz zu schärfen und somit mehr Türen zu Kund:innen und Kooperationen zu öffnen?
Als PR Mitarbeiterin für ein Ausbildungsprojekt in Uganda habe ich schon früh meine eigenen Erfahrungen mit interkultureller Kommunikation gemacht. Meine Aufgabe war es, die Updates der Patenkinder an unsere Spender:innen weiterzugeben, aber dafür musste ich diese Updates natürlich erstmal kriegen. Eigentlich eine logische, einfache Aufgabe.
Aber dann kam eines Quartals die Zeit für Updates und ich schaute in mein Postfach. Keine Updates oder Fotos. Ich fragte nach bei der zuständigen Mitarbeiterin. Ein paar Fotos trudelten rein. Aber manche davon waren so dunkel und unscharf, dass man sie nicht verwenden konnte. Ich schrieb wieder eine Nachricht: Danke für die bisherigen Fotos, könnt ihr bitte von ein paar Kindern die Bilder neu machen? Danach kam gar nichts mehr. Für Wochen. Trotz Deadline. Ich verstand die Welt nicht mehr: So kann ich nicht arbeiten, was soll das?! Wie es zu diesem Missverständnis kam, erfährst du am Ende des Artikels.
Um Schwierigkeiten in der interkulturellen Kommunikation zu überwinden, müssen zuerst ihre Gründe verstanden werden. Durch den unterschiedlichen kulturellen Hintergrund der Parteien bringen diese offensichtlich verschiedene Werte, Präferenzen und Prioritäten mit, auf die ich im Laufe des Artikels mit Beispielen eingehe. Diese Unterschiede können sehr schnell zu Missverständnissen und Problemen führen.
Der erste Schritt, um die interkulturelle Kommunikation zu verbessern, ist daher so offensichtlich, dass es schon fast peinlich ist, ihn zu nennen: Werde dir bewusst, dass nicht jede:r so denkt wie du! Für oberflächliche Sachen wie Pizzabelag oder deiner Meinung zu Harry Styles sehen wir das schnell ein. Für interkulturelle Kommunikation kann es aber schwerer werden. Weil uns die Unterschiede meist zunächst unbewusst sind: Du nimmst Gegenstände und Menschen bewusst wahr. Aber nicht die Gründe, warum du die Gegenstände und Menschen so siehst.
Wenn du erkannt hast, dass deine Denkweise nicht das Non-Plus-Ultra ist, kannst du dich als Nächstes über deine Kultur und die Kultur deines Gegenübers informieren. Das geht mit der „Cultural Map“ von Erin Meyer. Sie beschreibt insgesamt 8 kulturelle Dimensionen bei interkultureller Kommunikation, die je auf einem Spektrum zu verordnen sind: Kommunizieren, Beurteilen, Überzeugen, Führen, Entscheiden, Vertrauen, Widersprechen und Termine vereinbaren.
Anbei sind drei der Dimensionen inklusive Anwendungsbeispiel beispielhaft erläutert.
Die erste Dimension nach Erin Meyer ist die Kommunikation: Wie stark beeinflusst die Situation um dich herum, was du sagst? Das sollte bei interkultureller Kommunikation als erstes beachtet werden. Sagen wir, du fragst eine:n Kolleg:in, ob er:sie mit zu einer Party kommt.
In einer sogenannten Low-Context-Kultur wie Deutschland ist es uns relativ egal, wer vor uns steht: Wahrheit ist Wahrheit und muss klar angesprochen werden. Wenn du also zur Party kommst, antwortest du mit „ja“, oder „nein“, fertig. In einer High-Context-Kultur wie Japan ist das aber anders: Der Kontext (die Umgebung, Rang und Beziehung zum Gegenüber, wie viele Leute mich umgeben, Business vs. Privatsetting…) bestimmt deine Aussage enorm. Wenn ich dich also frage, ob du mit zur Party kommst, und du eigentlich „nein“ meinst, sagst du das nicht unbedingt: Vielleicht willst du mich (im selben Rang) nicht enttäuschen. Oder euer:eure Chef:in steht neben euch und du willst die Einladung deines:deiner Chef:in nicht abwerten. Also würdest du höflich „ja“ sagen – und dann nicht kommen. Ein:e Deutsche:r würde sagen „der:die hat gelogen“. Wenn aber alle Leute im Raum aus einer High-Context Kultur kämen, hätten sie dich trotzdem verstanden: anhand deiner Mimik und Gestik, oder dem Tonfall, hätten sie unterscheiden können, ob du höflich "nein" sagst, oder ob du wirklich kommen wirst.
💡 Übersetzungstipp von High zu Low Context: Nimm es nicht persönlich, wenn wir etwas schroff ansprechen. Wir schnappen Feinheiten nicht so gut auf, also solltest du versuchen, extra deutlich zu reden.
💡 Übersetzungstipp von Low zu High Context: Lerne, Mimik und Tonfall stärker zu beachten. Wenn du ein sensibles Gespräch führen musst, suche einen ungestörten Kontext als Setting (unter 4 Augen oder mit einer Vermittlungsperson, die euch beide kennt).
Welche Argumente dein Gegenüber von deiner Idee überzeugen, variiert stark und sollte daher in interkultureller Kommunikation beachtet werden. Wenn du eingeladen wirst, dein neues Projekt vor der Geschäftsführung zu präsentieren, wirst du zuerst auf die Praxis oder die Theorie deiner Idee eingehen? Französ:innen stellen tendenziell das allgemeine Prinzip als erstes vor und geben dann im Nachgang Praxisbeispiele an. Das Denken dahinter: das System oder die Philosophie müssen miteinander stimmig sein, sonst ist die Praxis nicht überzeugend.
Für Leute in den USA oder Kanada ist das aber total langweilig: Sie wollen die Praxis sehen, sie wollen das, was funktioniert. TED-Talks aus diesem Kulturraum starten oft mit einer Story oder einem Praxisbeispiel, und gehen erst dann ein wenig in die Theorie des Themas! Tatsächlich sind alle Menschen, egal in welcher Kultur, durch Storytelling mehr angesprochen als durch alleinige Fakten. Aber du kannst je nach Kultur anpassen, was deine Story und deine Fakten zuerst erklären: Prinzip und Theorie, oder Anwendung und Praxisbeispiele.
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Ein elementarer Bestandteil interkultureller Kommunikation, der zugleich für viele Konflikte sorgt: Termine vereinbaren und Pünktlichkeit! Für die Deutschen ist Zeit gegen Geld und Respekt aufzuwiegen. Sei also pünktlich, denn du willst die wertvolle Zeit deines Gegenübers nicht verschwenden. Je mehr in einer Stunde erledigt ist, desto erfolgreicher bist du. Das nennt Erin Meyer „linear schedules“.
In Kenia oder Saudi-Arabien sind Menschen dagegen mit „flexible schedules“ unterwegs: Hier ist wichtiger, sich die Zeit für das zu nehmen, was direkt vor dir ist. Spontane Anpassung gilt als höherer Wert, als stur den Plan zu Ende zu führen. Wenn dein:e Nachbar:in auf dem Weg zur Arbeit mit dir ein Gespräch anfängt, redest du erst mit ihm:ihr zu Ende und kommst danach zum Meeting. Der Gedanke, vom Kalender in Takt gehalten zu werden, scheint wie eine Diktatur: kontrollierst du deine Pläne, oder kontrollieren deine Pläne dich?
Natürlich sind alle Menschen in der Lage, einen Termin wahrzunehmen, Theorie und Praxis zu durchdenken oder Fakten und Kontext wahrzunehmen. Die Grautöne sind vielfältig und individuelle Präferenzen hüten vor zu starkem Schubladen-Denken. Aber eine grobe Orientierung, wie dein:e Kolleg:in, Chef:in oder Kund:in deine Kommunikation auffassen könnte, kann so manche Missverständnisse und gescheiterte Projekte verhindern.
Informiere dich also, und gehe mit offener Haltung auf dein Gegenüber zu. Und wenn ein Problem auftaucht, dann überlege kurz: spricht die Kultur dieser Person Probleme direkt an (eher low context) oder indirekt (eher high context)?
Wenn Low Context, dann suche das Gespräch mit der Person anhand der Fakten. Wenn High Context, dann geh über eine:n Mittler:in zur Person: jemand, der euch beide kennt, eure Hierarchie-Unterschiede überbrückt und idealerweise beide Kulturen kennt. Geh entweder mit dem:der Mittler:in zur Person oder schick den:die Mittler:in ohne deine Anwesenheit zu der Person. Ein offenes Gespräch ist nicht möglich, wenn zwischen dir und der anderen Person große Hierarchie-Unterschiede bestehen, weil das zu Scham oder Ehre-Verletzung führen könnte. Viele Dinge werden bei solchen Situationen sehr subtil ausgedrückt. Ein:e Mittler:in wird bei alldem deutliche Abhilfe schaffen und die Situation für beide Seiten „übersetzen“ können.
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Und das führt mich zurück zu der Situation, die ich mit den Fotos aus Uganda hatte: Ich ließ eine Person nachschauen, die sowohl mich als auch die verantwortliche Mitarbeiterin kannte. Es kam heraus, dass meine Kritik an der Fotoqualität zu schroff rübergekommen war, sodass die Mitarbeiterin Angst hatte, mich mit den übrigen Bildern zu enttäuschen. Ein direktes Gespräch mit der Mitarbeiterin hätte nur mehr Scham ausgelöst, also hat die Mittlerin geraten, dass ich eine E-Mail schicke, wo ich das Team für ihre wertvolle Arbeit lobe. Das habe ich gemacht, und siehe da, die übrigen Fotos kamen bei mir an.
Interkulturelle Kommunikation zu verstehen und zu beherrschen ist wichtig, um Missverständnissen und Problemen vorzubeugen. Mache dir zuerst klar, dass dein Gegenüber anders denkt als du. Theorien und Modelle, wie die Cultural Map von Erin Meyer können dir helfen, die kulturellen Unterschiede deines Gegenübers besser zu verstehen. Wichtig ist z. B. herauszufinden, ob die Person aus einer Low-Context- oder High-Context-Kultur stammt und somit direkte Fakten oder Mimik und Gestik sprechen lässt. Überlege, ob die Person lieber zuerst die Theorie oder die Praxisbeispiele erklärt bekommt, um Entscheidungen zu treffen. Beachte, dass die Meinung über Zeiteinteilung und Pünktlichkeit auch stark abweichen können. Um Missverständnissen vorzubeugen, geh immer in den Dialog und versuche zu lernen und zu verstehen. Selbst, wenn der Dialog über eine:n Mittler:in läuft, so entwickelst du ein Feingefühl für das, was beim Gegenüber ankommt. So lernt die andere Person, dir zu vertrauen, und das bringt alle Seiten weiter.
Interkulturelle Kommunikation ist die Interaktion von Menschen oder Gruppen in interkulturellen Situationen.
Wer mehr internationale Partner:innen einbezieht, hat mehr Potenzial für Erfolg, aber auch mehr Potenzial für Missverständnisse und Konflikte. Sie sollte daher gut beherrscht werden, bevor es zu Missverständnissen und Problemen kommt.
Verstehe, dass es kulturelle Unterschiede gibt und dein Gegenüber anders denkt. Suche den Dialog zu deinem Gegenüber, entweder direkt oder über eine Vermittlungsperson, die beide Kulturen kennt.
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Copywriterin
Nicole Heymann ist Copywriterin für Social Media Content und Websites, mit besonderem Herz für interkulturelle Kommunikation: Sie ist als Kind einer interkulturellen Familie in Deutschland aufgewachsen, bisher in über 20 Ländern gewesen, und hat Workshops in Kontexten von USA bis Kenia gehalten.
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